Wettrup

Geschichte

Geschichte der Gemeinde Wettrup

Piuseiche

Die Piuseiche

Vor der Kirche in Wettrup steht eine mächtige Eiche. Sie hat in einem Meter Höhe einen Umfang von 3,40 m und einen Kronendurchmesser von 20 m. Die Inschrift auf einem behauenen Sandstein besagt, daß die Eiche im Jahre 1876 zum Andenken an das 30jährige Papstjubiläum seiner Heiligkeit Pius IX gepflanzt wurde. Der Vater von Clemens Lampen erzählte, daß die Eiche von Luiskers Opa seinem späteren Schwiegervater gepflanzt worden sei. Bernhard Niemann und er sei Messdiener gewesen und von Luiskers Opa aufgefordert worden, den jungen Stamm beim Einpflanzen gerade zu halten. Sie könnten dann später sagen, daß sie beim Pflanzen des Baumes dabei gewesen seien. Sein Vater wäre damals 10 Jahre alt gewesen, Heinrich Luisker etwa 35 Jahre. Allem Anschein nach hat Luisker den jungen Baum wohlüberlegt ausgesucht, denn er ist im Frühjahr immer 8-10 Tag früher grün als die anderen Eichen. Deswegen fällt er im Frühjahr angenehm ins Auge. Der H. Luisker hatte auf seinem Hof viele Holzarten und Eichen stehen. Das war damals für Wettruper Verhältnisse ungewöhnlich. Von seinen schönen Eichenbeständen ist leider fast nichts übrig geblieben.

(Clemens Lampen)

Pingelanton

Die Kleinbahn Lingen-Berge-Quakenbrück (1904 - 1952) 

Auf diesen Seiten darf eine Erinnerung an die Kleinbahn nicht fehlen. Sie stellte in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts eine für unseren noch recht unerschlossenen Raum eine bedeutende Verkehrsader dar. 

Die Notwendigkeit einer solchen Anbindung an das staatliche Schienennetz erkannt und die zur Realisierung des Projekts notwendige Initiative ergriffen zu haben, ist zu einem ganz wesentlichen Teil Verdienst eines Wettruper Bürgers, des Hofbesitzers Altmann. 

Über die Entstehungsgeschichte der Kleinbahn berichtet er aus Anlaß des 25jährigen Bestehens im Lingener Volksboten (Nr.126 des Jahres 1929):

,,Am 1. Juni kann die Kleinbahn auf einen 25jährigen Betrieb zurückblicken; An diesem Tage des Jahres 1904 nahm unsere Kleinbahn offiziell den Betrieb auf, nachdem am Tage vorher eine Eröffnungsfeier stattgefunden hatte, an der Spitzen der Behörden teilnahmen und viele sonstige Interessenten. - Es wird der jüngeren Generation gewiß nicht uninteressant sein, etwas über den Werdegang der Kleinbahn zu erfahren. 

Die Vorarbeiten und der Bau der 56 Kilometer langen Strecke haben ca. 5 1/2jahre gedauert. Im Winter 1898/99 tauchte in der Gemeinde Wettrup, welche 25 Kilometer von ihrer Kreisstadt und 12 Kilometer von der nächsten Bahnstation entfernt ist, der Gedanke auf, eine Bahnverbindung Sackbahn über Handrup - Lengerich - Langen nach ihrer Kreisstadt zu schaffen. 

Da die Gemeinde Berge schon früher sich mit einem Bahnprojekt nach Quakenbrück beschäftigt hatte, das Projekt aber wegen Unrentabilität wieder hatte fallen lassen müssen, setzte sich die Gemeinde Wettrup mit Berge in Verbindung, lediglich um zu erfahren, wie und wo man es anzufangen habe, um eine Bahnverbindung zu erhalten. Dieser erste Schriftverkehr mit dem Vertreter von Berge wurde am 5. Januar 1899 geführt. Der Vertreter von Berge, Herr Gemeindevorsteher Schenke, schrieb, diese wichtige Sache lasse sich nicht schriftlich erledigen, sondern nur mündlich; er wäre gerne bereit, auf halbem Wege nach Ohrtermersch zu kommen, um seine Erfahrungen und weitere Gedanken auszutauschen. 

Um sich zunächst aber über die Ansichten den in Frage kommenden Gemeinden über eine Bahnverbindung zu überzeugen, wurden seitens Wettrup diese zu einer Besprechung nach Lengerich eingeladen, um eventuell eine Kommission zu wählen, die mit dem Vertreter von Berge Fühlung nehme. In der schon gleich zu Anfang ziemlich aufgeregten Versammlung lehnten die Lengericher Herren eine Kleinbahnverbindung von dem kleinen Wettrup aus über Lengerich und Langen nach Lingen ganz entschieden ab, denn Lengerich hatte höhere Pläne; Lengerich holte sein, wie es sagte, schon über 22 Jahre bestehendes Projekt Fürstenau - Lingen wieder hervor, obschon es darauf aufmerksam gemacht wurde, daß von diesem Projekt nur die Gemeinden Lengerich und Langen berührt würden. Nach langen Verhandlungen wurden doch von sämtlichen Gemeinden, auch von Lengerich, je zwei Vertreter gewählt, um in Ohrtermersch und Berge zu verhandeln. Die beiden Vertreter von Lengerich entschuldigten sich in letzter Stunde am Tage der Zusammenkunft. 

Die Herren von Berge waren für das Projekt von der Kreisgrenze nach Lingen sehr interessiert, weil ihr früheres Projekt Berge - Quakenbrück, für welches schon die Vorarbeiten fertig waren, dann eventuell zur Ausführung gelangen könne. Auf Vorschlag von Berge wurden aus den Gemeinden des Kreises Lingen zwei Kommissionen gewählt, um sich mit dem Landrat und Magistrat in Lingen in Verbindung zu setzen und um die Kosten für die Vorarbeiten im Kreise Lingen zu beschaffen. 

Der Magistrat in Lingen war für das Projekt sofort gewonnen, bewilligte für die Strecke im Kreise Lingen die halben Vorarbeitungskosten.

Weniger Anklang fand das Projekt beim Landratsamt, weil im Kreis ein Viermillionenprojekt für Landstraßenbau schwebte; zwei Millionen sollten hierzu angeliehen werden, die übrigen die bauenden Gemeinden tragen. 

Seitens des Magistrats in Lingen wurde Mitte Februar 1899 eine öffentliche Versammlung in Lengerich anberaumt, wozu Gemeinden der beiden Bahnprojekte Lingen - Fürstenau und Lingen - Quakenbrück eingeladen waren, um über die Stimmung für die beiden Projekte Aufklärung zu schaffen. Den Vorsitz in dieser Versammlung führte der Landrat Dr. Franke, Lingen; beide Projekte wurden eingehend erörtert. Das Projekt Fürstenau - Lingen wurde hauptsächlich vertreten durch den Gerichtsassessor Dr. Vahrenhorst, damals in Lingen, auch Lengerich strebte mit allen Kräften für das schon alte Lieblingsprojekt und gab die positive Erklärung ab, an einer Kleinbahnverbindung über Wettrup -Berge - Quakenbrück werde sich Lengerich nie beteiligen. Auf diesen Beschluß hin erklärte der Vertreter von Bawinkel, welche Gemeinde bei beiden Projekten nicht hätte in Frage kommen können: Wenn die Sache so steht, dann ist Bawinkel gerne bereit, statt Lengerich für das Projekt Quakenbrück - Lingen voll und ganz einzutreten. 

Nach dieser Erklärung von Bawinkel wurden von allen Seiten Schluß- und Bravorufe laut, so daß der Vorsitzende Landrat Dr. Franke die Versammlung schließen mußte. 

Auf diese Weise ist der große Nord-Ost-Bogen über Bawinkel zustande gekommen. 

Noch in derselben Woche traten in Gersten (Wirtschaft Hüer) die Gemeinden und Private, die sich für das Projekt interessierten, zusammen und stellten beim Landesdirektorium in Hannover Antrag auf Ausführung der Vorarbeiten. Am 16. April 1899 machte auf Anordnung des Landesdirektoriums der technische Dezernent Landesbaurat Sprengel mit den Vertretern der Behörden und den interessierten Gemeinden die erste Bereisung der projektierten Linie, um Terrain und Gegend zu besichtigen. Das Urteil der Herren war äußerst günstig, weil von allen Seiten großes Interesse gezeigt wurde. Die Begleitung der Kommission bestand während der ganzen Strecke aus einer großen Anzahl vollbesetzter Wagen; am Essen in der Mittagspause zu Wettrup nahmen ca. 60-70 Personen teil.

Nachdem die Rentabilitätsberechnung vom Landesdirektorium fertiggestellt, der Staat ein Drittel der Kosten übernommen und die Provinz verbilligten Zinsfuß zugesagt hatte, wurde ein Baukomitee gewählt, bestehend aus den Herren Bürgermeister Meyer, Lingen, Bürgermeister Willmann, Quakenbrück, Gemeindevorsteher Schenke, Berge, und Hofbesitzer Altmann, Wettrup. 

Die Vorarbeiten etc. haben reichlich drei Jahre in Anspruch genommen, so daß im Juni 1902 der erste Spatenstich in Lingen gemacht werden konnte. Zwei Jahre dauerte es dann noch bis zur Inbetriebnahme der Strecke. 

Die Erinnerung an die Eröffnungsfahrt ließ wiederum der ,,Lingener Volksbote" in der Ausgabe vom 31. Mai 1929 aufleben: 

..Am 31. Mai 1904, um 9.30 Uhr verließ der Festzug unter den Klängen des Liedes: ,Muß i denn...' den Bahnhof Lingen. An der Fahrt nahmen u. a. teil: Regierungspräsident von Barnekow und Regierungsrat Bachmann als Vertreter der Regierung, Landesdirektor Lichtenberg als Vertreter der Provinz, Landesbaurat Sprengel und Geh. Baurat Frank als Vertreter des Landesdirektoriums. Als Vertreter der Städte nahmen Bürgermeister Meyer, Lingen, Hahn, Quakenbrück und Gemeindevorsteher Schenke, Berge sowie die Landräte Franke, Lingen, und Klauser, Bersenbrück, teil. Staatsminister a. D. Exzellenz v. Hammerstein sowie verschiedene Herren der Regierung und Abgeordnete der Städte und Gemeinden hatten sich ebenfalls eingefunden. 

In den Ortschaften Brögbern, Bawinkel, Wettrup und Berge wurden die Festzugsteilnehmer von den Gemeindemitgliedern empfangen. Die Schuljugend sang patriotische Lieder und Ansprachen wurden gewechselt. In Berge fand mittags ein Festmahl statt, an welchem sich etwa 130 Personen beteiligten. Hierselbst gedachte man derer, die sich um das Zustandekommen der Bahn verdient gemacht hatten, besonders des Oberleiters Baurat Sprengel und der Bauleiter Krieter und Voigt. Nach Beendigung des Festmahls wurde die Weiterfahrt nach Quakenbrück angetreten. Überall fanden die Teilnehmer begeisterte Aufnahme. In Renslage und Menslage wurden sie noch durch Ansprachen begrüßt. Nach Ankunft des Zuges und kurzer Begrüßung in Quakenbrück begaben sich die Festteilnehmer in die Gartenanlagen des ,,Roten Hauses", in denen die Lingener und Quakenbrücker Musikkapellen konzertierten. Um 7.00 Uhr erfolgte die Rückfahrt nach Lingen."

Fast 50 Jahre erfüllte in der Folgezeit die Kleinbahn - oder der Pingelanton, wie man sie scherzhaft nannte - seine Aufgaben im Dienste der Bevölkerung. Mit dem Vordringen der Motorisierung aber und dem Ausbau des Straßennetzes wurde sie nach dem zweiten Weltkriege zunehmend unattraktiv. So mußte man sich 1952 schweren Herzens entschließen, die Strecke stillzulegen und den ,,Pingelanton" in ,,Pension zu schicken". Die Gefühle manchen Kleinbahnfreundes mögen sich in dem kleinen Gedicht ausdrücken, das bei der letzten Fahrt in Menslage von den Stammgästen" auf einer schwarzumflorten Tafel angebracht wurde:

 

,,Fast 50 Jahre tat'st du deine Pflicht, leider stört das manchen nicht. Du hast so manchen Sturm erlebt Lind bist mit uns dahin geschwebt. Doch heute ist es nun so weit, du mußt weichen dem Tempo der Zeit; nun gehst du in die ewigen Gründe. Doch wir sagen: das ist eine Sünde! Der Mohr tat seine Pflicht und kann gehn, wir können es immer noch nicht verstehn. Ab heute tönt nicht mehr dein Geklingel, Ruhe sanft, du alter treuer Pingel."

Gewidmet von deinen Stammkunden

Hahnenmoor

Das Hahnenmoor

Fährt man heute ins Hahnenmoor, blickt man links und rechts des Weges auf große Äcker, saftige Wiesen und saubere Gehöfte. Vor 50 Jahren sah das alles ganz anders aus. Die Wege waren im Herbst und Winter fast unpassierbar. Den Stallmist für die Äcker in der Moorstege konnte man vielfach nur im Winter über die gefrorenen Wege dorthin schaffen, oder es mußte ein Doppelgespann (4 Pferde) vor den Mistwagen gespannt werden.

Ich erinnere mich daran, daß rechts vom Moorweg, einige 100 Meter vom jetzigen Siedler Holtkamp entfernt, eine große Wasserfläche existierte, die sicherlich auf einen früheren Torfstich in diesem Gebiet zurückzuführen war. Am Rande dieses ,,Teiches" standen Schilfgewächse, Zylinderputzer und Weidenholzsträucher. Diese Gegend nannte man ,,Ballerwüste", die gegenüberliegende Seite (links vom Weg) hieß ,,Tülshok".

Das Hahnenmoor ist früher nach ,,Erbesfuß" (Hofesgröße) an die Bauern 3er umliegenden Gemeinden aufgeteilt worden. Wir erhielten seinerzeit 4 ha, zwei kleinere Parzellen vorne und zwei größere hinten (up den Witten, auf dem Moor, jeweils links und rechts vom Moorweg). Bei den vorderen Stücken handelte es sich um Schwarztorf, der ein bis zwei Meter dick auflag und guten Brenntorf abgab. Bei den letzteren Parzellen hatten wir es mit Hochmoor zu tun. Die 3-4 Meter dicke Auflage bestand im oberen Bereich aus Weißtorf (für Feuerzwecke ungeeignet), in der Mitte Braun- und unten aus Schwarztorf. In den ausgegrabenen Moorrandgebieten wuchs Birkenholz, auf dem Hochmoor Heide und Wollgras. Die Landschaft mit ihrer Heide, dem Woll- und Borstgras diente jahrzehntelang u. a. dem Bauern Triphaus aus Grafeld als Weide für seine 150 bis 200 Heidschnucken (anspruchlose Schafrasse). Als dieser die Herde abschaffte und die Schafe somit nicht mehr junge Bäumchen abfraßen, entstand langsam ein dichter Birkenwald. Das Torfgraben zur Gewinnung des notwendigen Brennmaterials erfolgte im Monat Mai nach Abschluß der Frühjahrsbestellung. Etwa zwei Wochen lang belebten dann schlagartig Hunderte von Menschen aus den Randgebieten das Hahnenmoor. Fast jede Familie ging 5 bis 6 Tage ins Moor, um den Brenntorf für das ganze Jahr zu gewinnen. Einer aus der Familie brachte die Torfarbeiter (Familienangehörige und Heuerleute, oder Nachbarn) morgens um 6.00 Uhr mit Pferd und Wagen bis ans Moor heran. Das letzte Ende des Weges (1-2 km) mußte zu Fuß zurückgelegt werden. Als mein Vater in seiner Eigenschaft als Ortsbürgermeister im Rahmen des Gemeindedienstes den Moorweg hatte übersanden lassen, konnten die Wagen bis zum Hochmoor d.h. bis zum Arbeitsplatz fahren.

Das Torfstechen war eigentlich eine etwas romantische Sache. Wenn die vielen vollbesetzten Wagen auf dem Sandweg dahinfuhren, hörte man nur die Menschen reden und lachen. Man sah und hörte die große Zahl der Vögel wie Kiebitze, Lerchen, Brachvögel usw. Auf dem Moorpfand angelangt, wurde als erstes ein offenes Feuer angemacht, damit der Kaffee fürs Frühstück aufgebrüht werden konnte. Nachdem das mitgebrachte Essen im Schatten einer Moorgrube abgestellt war, ging es an die Arbeit, die immer paarweise verrichtet wurde. Ein Mann stach den Torf, eine Frau mußte ihn mit der Schiebkarre 5-15 Meter weit wegfahren und auf der Heidefläche verteilen. Eine Torfgrube war meistens 4 X 4 m groß. Die obere Weißtorfschicht, als Brenntorf ungeeignet, wurde abgeräumt und in die Vorjahresgrube geworfen. Auf den 3. und 4. ,,Pänden" (dem Hochmoorbereich) erreichten die gegrabenen Löcher eine Tiefe von 3 bis 4 Metern. Es dauerte zwei Tage, um solch einen Torfblock auszustechen. Am ersten Tage erreichte man den Grundwasserstand am zweiten Tag die Sohle. Der Arbeitsvorgang war nicht ganz ungefährlich. Zur abgegrabenen Seite, wo das Wasser stand, mußte eine dicke Schutzwand stehen bleiben, um einen Wassereinbruch zu verhindern. Mit einem scharfen Spezialspaten ließ sich der Torf gut abstechen, lediglich in den unteren Moorschichten stieß man häufig auf Baumstubben und Äste, den Überresten eines Waldes aus der Vorzeit der Torfbildung.

Einige Wochen später waren die Torfstücke (Würfel 15 x 15 cm groß 3der Langtorf 10x 12 x 30 cm groß) angetrocknet und konnte in Ringen aufgesetzt werden, die 2-3 Wochen später noch mal umgepackt wurden. Nach einer Gutwetterperiode konnte man den Torf dann nach Hause fahren. Etwa zehn Wagen voll reichten für das ganze Jahr. Die Verpflegung während des Torfgrabens war einfach und deftig. Zum Frühstück gab es Brot mit Butter und Speck, mittags Speck-Pfannkuchen, der in einer Pfanne auf dem offenen Feuer aufgewärmt wurde, und zur Vesperzeit belegte Brote.

Der in einem gußeisernen Kessel mit Moorwasser gekochte Kaffee schmeckte nicht besonders gut.

Die Pfanne und der Kaffeekessel blieben während der Torfstechzeit auf dem Moorpfand liegen. Als in späteren Jahren auf Grund der besseren Wegeverhältnisse die Wagen bis zur Arbeitsstelle fahren konnten, nahm man Wasser oder Kaffee von zuhause mit. Das Essen mußte ja nicht mehr getragen werden.

Die Essensgebräuche änderte meine Mutter. Sie machte tags zuvor die Brote fertig, die am nächsten Morgen gut verpackt mitgenommen wurden. Zum Pfannkuchen gab es Kompott und wer wollte, konnte mittags auch Kartoffelsalat essen. Diese Umstellung übernahmen viele Familien.

Die zweistündige Mittagszeit nutzten die älteren Leute für ein Schläfchen in der Mittagssonne, während die Jugendlichen von allen Seiten zu einem Stelldichein zusammen kamen. Pünktlich um 18.00 Uhr strömte alles nach Hause, dem abholenden Wagen entgegen.

Die Hochmoor-Oberfläche nutzten die Bauern im vorigen und anfangs dieses Jahrhunderts zum Anbau von Buchweizen. Nachdem das Moor einigermaßen entwässert und Zwischengräben gezogen waren, ließ sich die Bodenbearbeitung einigermaßen durchführen. Zunächst pflügte man die Weißtorfschicht flach um. Damit die Pferde überhaupt auf dem Moor gehen konnten, bekamen sie 25 cm große runde Holzbretter (sogenannte Trippen) unter die Hufe geschnallt. Nach dem 1. Weltkrieg lagen in unserer früheren Zichorienfabrik noch lange solche Pferde-Holzschuhe herum.

Nach dem Pflügen zerkleinerte man mit Hacken und Forken die Torfschicht und brannte sie ab, nachdem sie genügend angetrocknet war. In die Asche wurde der Buchweizensamen gesät. Er brachte eine annehmbare Ernte, wenn die Frucht von scharfen Nachtfrösten verschont blieb. Das Buchweizenmehl diente in der Hauptsache zum Backen des Buchweizenpfannkuchens, der früher viel gegessen wurde, in manchen Familien täglich. In der Zeit des Moorbrennens zogen oft tagelang, je nach Windrichtung, stark riechende Rauchwolken über die angrenzenden Ortschaften hinweg.

Der Buchweizenanbau schlief wieder ein, weil er Unsicherheiten in sich barg, die Essgewohnheiten sich änderten und die Nachfrage nach Buchweizenmehl nicht mehr gegeben war. Die während des Torfgrabens benutzten offenen Feuerstellen führten hier und da zu Moorbränden. Meistens konnte man das Feuer schnell löschen. Ergriff es aber die trockene und lang aufgewachsene Frühjahrsheide, ging die Feuerwalze bei etwas stärkerem Wind rasend schnell über das ganze Hahnenmoor hinweg. Die Vögel und Hasen mußten sich beeilen, wenn sie nicht von dem Feuersturm erfaßt werden wollten. Großer Schaden entstand allgemein nicht. Manche Schafhalter freuten sich über die nachwachsende junge Heide, die ein besseres Futter für die Schafe abgab.

Vor dem zweiten Weltkrieg kaufte der Staat den größten Teil des Hahnenmoores auf, die Bauern behielten Restflächen. Nach dem Kriege kamen die Ölheizungen auf und das Interesse am Moor ließ nach. Lediglich in den Randgebieten des Moores entstanden Siedlungen, um aus dem Osten Deutschlands ausgetriebene Landwirte wieder unterzubringen. Die Weißtorfschicht des Hochmoores torfte ein Unternehmer ab, verarbeitete sie zu Torfstreu und verkaufte die Ballen in die ganze Welt.

Inzwischen hat der Landkreis Emsland das ganze Gebiet unter Naturschutz gestellt, eine bei Bauern umstrittene Maßnahme. Neben der Heide und dem Wollgras wird sich nun voraussichtlich die Birke schnell ausbreiten, wenn sie nicht durch Moorbrände ständig wieder vernichtet wird.

(Clemens Lampen, Wettrup)